Oberkirchenrat Prof. Mag. Johann Jakob Wolfer - Galizien |
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Erinnerungen an meine Heimat Galizien
Was
ich von meinen Vorfahren nach der Einwanderung weiss:
Von
meinen Ur-Urgrosseltern haben alle erst in der neuen
Heimat geheiratet, auch wenn sie zum kleineren Teil
noch in Deutschland geboren wurden. Statistisch gesehen
stellte Reichau sechs Ur-Urgrosselternteile,
darunter dreimal Schmidt, Einsingen vier, darunter den Familiennamensträger, Deutschbach, Felsendorf und Smolin je zwei. Von den Ur-Ur-Urgrosseltern, die erst nach
der Einwanderung geheiratet haben, stammt nur ein Teil
nicht aus den erwähnten Kolonien. Die Stephans
waren in Lindenau angesiedelt.
Von meinen Vorfahren väterlicherseits kann ich,
abgesehen von den bereits gesagten und im Stammbaum
vermerkten bis zu meinen Grosseltern nichts berichten,
da ich infolge des frühen Todes von meinem Vater
nichts erfragen konnte.
Von
Mutter (Barbara Wolfer geb. Gabel)
erfuhr ich:
Als mein Ur-Ur-Urgrossvater Gabel mit seiner Familie
in die neue Heimat kam, sagte sein 10-jähriger
Sohn, mein Ur-Urgrossvater, Friedrich Gabel beim Anblick des Gehöfts : "Vater, Vater
bei uns zu Hause war der Schweinestall schöner
als das Haus". Ein Beweis dafür, in welch
schlechte Verhältnisse die Auswanderer kamen. Die
Not hatte die meisten den verlockenden Versprechungen
der kaiserlichen Werber folgen lassen. Was sie antrafen
überstieg die ärgsten Befürchtungen.
Der Einwanderer Gabel hatte drei Söhne. Zwei von
ihnen wanderten später nach Odessa am Schwarzen
Meer ab. Die Mühle, die einem gehörte, verkaufte
er unter der Bedingung, dass alle Nachkommen in Reichau
und Baszina für alle Zeiten kostenlos ihr Getreide
dort mahlen können. Das Recht ging aber bald verloren.
Die Mühle, die in Baszina an dem Bach (Lubaczowka)
stand, blieb, wenn auch umgebaut, an der Stelle bis
zum heutigen Tag.
Die Zeiten, die Friedrich Gabel mitgemacht hat, waren
oft sehr schwer. Wohl hatte er eine grosse Wirtschaft,
wenn aber eine Missernte war, gab es doch Hungersnot,
weil das Land nicht erschlossen war. Nach einer solchen
Missernte war es besonders schlecht. Mein Ur-Grossvater
lud einen Sack mit Geld auf den Wagen, um Lebensmittel
einzukaufen. Nach wochenlanger Fahrt kam er zurück,
warf den Geldsack vor die Kinder und rief verzweifelt
aus: "Kinder esst Geld. Ich habe nichts bekommen."
Mein
Urgrossvater Johann Jakob Gabel war
berühmt wegen seiner Grösse und Stärke
und schlug gerne kräftig zu. Er wurde daher "Der
Grosse Gabel" genannt. Ansonsten
weiss ich noch, dass Urgrossvater Gabel für die
dortigen Verhältnisse sehr reich war. Von der Wohlhabenheit
zeugte schon das schöne grosse Gehöft mit
zwei geräumigen Scheunen und die Stallungen, in
denen drei Paar starke Pferde standen, was für
die Verhältnisse in Galizien viel bedeutete.
Mein
Grossvater Johann Wolfer war Schneider
und Landwirt. Die Wirtschaft bestand aus 12 Joch Feld,
davon 2 Joch Wald und Wiese.
In erster Ehe war er mit Juliana geb. Mauthe verheiratet. Die Grossmutter entsprosste mit acht anderen
Geschwistern aus zweiter Ehe von Johann Baltasar
Mauthe mir Karoline geb. Baer (Baber).
Die Ehe der Grosseltern Johann Wolfer - Juliana Mauthe
war kinderreich. Von den 8 Kindern blieben aber nur
drei am Leben: Christiana, drei Jahre älter als
Vater, und Katharine, ebenfalls drei Jahre älter.
In zweiter Ehe des Grossvaters mit Barbara verw.
Sauer geb. Raunest, wurde ein Kind geboren,
dass aber starb. Die Ehe, die 1893 geschlossen wurde
fand durch Tod der Frau 1902 ihr Ende.
Mein Grossvater Christian Gabel und
dessen Bruder waren grosse und starke Männer, Bei
Schlägereien nahm es keiner mit ihnen auf. Sie
waren also richtige Söhne des "grossen Gabel".
Quelle:
Familienchronik Wolfer aus dem Teil Jakob Wolfer um 1941
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